Abschied in den Ruhestand in Zeiten von Corona
„Seit dem 1. April 2020 bin ich in Ruhestand und ich hatte mich so darauf gefreut, mit meinen Kolleginnen und Kollegen meinen Abschied zu feiern. Doch jetzt waren alle außer mir und einem Kollegen im Homeoffice. Schade, vielleicht holen wir die Feier nach“ berichtet Susanne Schmidt ein wenig traurig. So wie Susanne Schmidt ergeht es derzeit vielen Arbeitnehmern, die in Coronazeiten in Ruhestand gehen. Die meisten bedauern es, aber es gibt auch Mitarbeiter, die froh sind, sich nicht verabschieden zu müssen oder vom Team eine Feier organisiert zu bekommen oder gar eine Abschiedsrede vom ungeliebten Chef über sich ergehen lassen müssen Dies gilt vor allem für die Menschen, die sich nicht mehr mit ihrem Unternehmen identifizieren können und die Tage zählen, bis sie endlich in Rente gehen können.
Dabei ist ein gelungener Abschied für den Start in den neuen Lebensabschnitt wichtig. Würdigt er doch das aktive Berufsleben, ein langer Lebensabschnitt, der nun zu Ende geht. Vielleicht hat den zukünftigen Ruheständlern die Arbeit in den letzten Jahren wenig Spaß gemacht, weil sich die Unternehmenskultur verändert hat, sie sich zu wenig wertgeschätzt oder sich z. T. dem rasanten Tempo der Veränderungen nicht mehr gewachsen fühlten. Doch setzt man diese letzten Jahre in Bezug zum gesamten Berufsleben, so relativieren sie sich. So betrachtet entsteht nicht nur ein Eindruck von der letzten Zeit, sondern vom gesamten Berufsleben mit all den Erfolgen und auch Rückschlägen. Rückschläge, aus denen man vielleicht gestärkt hervor ging oder mit denen man sich zumindest abgefunden und arrangiert hat.
Der neue Lebensabschnitt beginnt mit einem „Abschied“. Einem Abschied von Bewährtem, von Routinen, von beruflicher Identität, von Kollegen*innen, mit denen man vielleicht viele Jahre zusammengearbeitet hat, von langjährigen Kunden-, Geschäftsbeziehungen und auch von Erfolgen und Wertschätzung, die der Arbeit Sinn gegeben haben.
Durch das Ritual des Abschiednehmens, sei es eine kleine Feier mit dem Team oder auch mit Freunden wird deutlich, dass ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Und was jetzt in Coronazeiten mit Ausgangsbeschränkungen? Ein schönes gemeinsames Essen mit dem Partner, der Familie, ein Glas Sekt, ein kleines Geschenk, dies macht diesen Tag – trotz Ausgangsbeschränkungen – zu einem besonderen Tag, an den man sich auch noch später gerne erinnert.
Die meisten Übergänge im Leben sind von Ritualen begleitet. Denke man dabei nur an die Geburt, die Einschulung, die Hochzeit und am Schluss des Lebens die Trauerfeier. Das Abschiedsritual macht man nicht nur für die Kollegen*innen, sondern in erster Linie für sich selbst. Falls Sie sich nicht persönlich verabschieden können, schreiben Sie eine E-Mail an die Kollegen*innen, mit der Sie sich verabschieden oder nutzen Sie eine Videokonferenz. Und, scheuen Sie sich nicht, Gefühle zu zeigen, ein langer Lebensabschnitt geht zu Ende und da dürfen neben der Freude auch ein wenig Trauer und gemischte Gefühle sein.